Der Veränderung Bedeutung verleihen

Der Wandel der Organisation im Kontext der Moderne

Kontinuität wird von Wandel absorbiert und das in immer kürzeren Zeitabständen. War früher die Stabilität die Norm und die Instabilität die vorübergehende Erscheinung, so ist es heute umgekehrt. Veränderungen beziehen sich nicht mehr nur auf die Einführung von Systemen oder Restrukturierungen, sondern auf tiefgreifende Transformations-Prozesse über die gesamte Organisation und darüber hinaus.

Bereits 1996 hat Kotter in einer Studie eine Change-Erfolgsquote von nur 30% festgestellt. Seither folgten viele Studien mit ähnlichen Ergebnissen. Gemäss der IBM Studie «Making change work» aus dem Jahr 2014 setzten sogar nur 20% der befragten Organisationen Change erfolgreich um, obwohl diese ihre Change Management-Fähigkeiten über die Jahre verbessert haben. Die Lücke zwischen den Anforderungen und den Fähigkeiten - IBM nennt sie die Umsetzungslücke - scheint sich zu vergrössern.

Nach Hamel und Zanini liegt der Ursprung darin, dass Organisationen nicht dafür gemacht sind, sich proaktiv und tiefgreifend zu verändern. Sie sind gebaut auf Disziplin und Effizienz, vollzogen durch Disziplin und Routine, nach dem Taylorschen Maschine-Prinzip. Das Organisationsverständnis einer Maschine nach Taylor induziert, dass Organisationen durch die Führungskräfte in der Gestaltung und Kontrolle gesteuert werden. Dadurch entstehe eine Diskrepanz zwischen der Geschwindigkeit der Veränderung im Umfeld der Organisation und der schnellstmöglichen Veränderungsgeschwindigkeit von Organisationen.

Zu den bekanntesten Change Modellen gehören Kurt Lewin's «unfreeze-change-freeze»-Modell aus dem Jahre 1951 oder das Kotter «Eight steps of change»-Modell. Hamel hält fest, dass diese Modelle nach wie vor einen stabilen Endzustand anstreben und weit verbreitet sind. Er stuft sie jedoch als unzeitgemäss ein und plädiert für weniger Fokus auf Change Management-Architekturen, sondern dafür, mehr mit selbstorganisierten Gemeinschaften zu experimentieren. Also ein Denken, weg von der Metapher der Maschine hin zu einem Organisationsbild eines lebenden Organismus, das als offenes System mit der Umwelt korrespondiert.

In Veränderungsprozessen, die zu wesentlichen Neuerungen führen sollen, gibt es kaum eine Sachfrage, die nicht zugleich auch eine Machtfrage ist. Denn es geht um eine Neuverteilung knapper Ressourcen und um die Herstellung eines neuen Machtgleichgewichts bzw. die Veränderung der bestehenden «Spielregeln». Die meisten Forscher kommen zum Schluss, dass es keinen «One-best-way» von Reorganisationen gibt. Organisationen müssen ihre Veränderungsprojekte stets auf die besonderen Gegebenheiten massschneidern und an die strukturellen, wie auch personellen Kontextfaktoren anpassen.

Dem Wandel haftet auch immer etwas von der «Reise ins Ungewisse» an. Das Ungewisse vollständig zu antizipieren ist nicht möglich, zumal sich relevante Parameter noch während des Wandlungsprozesses verändern. Ein entsprechend ausgelegtes substanzielles «Wandlungsmanagement» wäre eine zentrale Erfolgsgrundlage. Die Güte des Wandlungsmanagements manifestiert sich durch eine sorgfältige Konzepterstellung, ausführliche Problemantizipation, bedarfsorientierte Flexibilität und einen gut vorbereiteten Mitarbeitereinbezug.

So steht die Unternehmenspraxis vor der entscheidenden Frage, wie Wandlungsvorhaben erfolgreich gemanagt werden können. Je komplexer die Organisation und instabiler die Situation während des Wandels, umso weniger bieten sich Steuerung und Regelung als Managementprinzipien für die Gestaltung von Change Prozessen an. Die Komplexität verlangt in Zeiten knapper Ressourcen und begrenzter Zeitfenster eine Konzentration auf das Wesentliche. Insofern ist die Identifikation der zentralen Stellhebel des Wandlungserfolges für ein überschaubares und handhabbares Change Management von zentraler Bedeutung. Rezeptbuchartige Checklisten von Erfolgsfaktoren und Handlungsaufforderungen, die es nur abzuarbeiten gilt, sind selten erfolgreich. Erfolgsfaktoren unterliegen keinen universell gültigen Gesetzmässigkeiten und entsprechend sind sie unternehmensbezogen zu bestimmen, um sie dann situationsspezifisch auszugestalten.

Dafür bietet die digitale Revolution, in Kombination mit neuen Arbeitsweisen, jedem einzelnen Mitarbeiter die Möglichkeit, eine Führungsrolle im Hinblick auf Veränderungen einzunehmen. Die Anführer kollaborativer Interessengemeinschaften und Meinungsführer von formellen und informellen Netzwerken (Influencer) mit teilweise einer grossen Anzahl von Anhängern (Followern) haben potentiell mehr Einfluss auf die Einstellung, die Denkweisen und das Verhalten der Mitarbeiter als viele Mitglieder der obersten Führungsebene. Solche neuen Führungspersönlichkeiten haben eine enge Verbindung zum Tagesgeschäft und können die Auswirkungen von Veränderungen möglicherweise besser verstehen und ihrem Umfeld nahebringen als die Botschaften, die durch die Hierarchie nach unten dringen.

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